Eltern werden und Paar bleiben
Die Geburt eines Kindes ist eine sehr einschneidende Veränderung im Leben. Unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche Gefühle wie Freude, Verantwortung, Liebe, Überforderung und Erschöpfung prallen aufeinander und stellen Paare vor ganz neue Herausforderungen. Das bisherige Zusammenspiel als Paar erlebt oft eine massive Belastungsprobe. Als Paar stand das Wir-Gefühl im Vordergrund, nun steht das Kind im Zentrum der Beziehung. Doch gerade in der Phase des Elternwerdens ist es wichtig, als Paar verbunden zu bleiben und die Beziehung zu pflegen. Denn Eltern, die als Paar stark sind, schaffen eine stabile und liebevolle Umgebung für ihr Kind. Zudem erleben Kinder dadurch ein gesundes Modell für Beziehungen, von dem sie ein Leben lang profitieren.
Kommunikation bleibt das Fundament
Gerade in stressigen Zeiten ist es essenziell, miteinander im Gespräch zu bleiben. Regelmäßige, ehrliche und offene Gespräche helfen, Missverständnisse zu vermeiden und Spannungen frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
Es kann helfen, einen festen (z.B. wöchentlichen) Termin für ein gemeinsames Gespräch zu vereinbaren, um die Themen zu besprechen, die im Alltag oft untergehen. Ob es um die Aufteilung von Aufgaben oder um Wünsche und Sorgen geht – ein bewusster Austausch stärkt das Verständnis füreinander und ist Grundlage für ein starkes Team.
Trotz aller Gespräche: Konflikte und auch Streit sind langfristig kaum zu vermeiden. Im besten Fall sind sie dann lösungsorientiert. Wenn auch im „Eifer des Gefechts“ gewisse Regeln befolgt werden, können eine Eskalation und nachhaltige Verletzungen verhindert werden. Hilfreich sind hierzu Ich-Botschaften, Zuhören und Aussprechen lassen, Fakten statt Annahmen als Grundlage, respektvoll bleiben. Es lohnt sich, die eigene Streit-Kultur zu verbessern.
Bewusste Aufgabenteilung
Wenn ein Elternteil das Gefühl hat, den Großteil der familiären Aufgaben erledigen zu müssen, ohne dass dies zuvor gemeinsam beschlossen wurde, führt dies meist zu Frustration. Am Abend dann unbeschwert Pärchen-Zeit zu verbringen, fällt dann natürlich schwer.
Darum ist ein bewusster und regelmäßiger Austausch über die Verteilung der Aufgaben im Haushalt und bei der Kinderbetreuung unerlässlich. Wichtig ist hierbei, dass beide Partner ihre eigenen Belastungen und Kapazitäten offen ansprechen, dem anderen mit dessen Anliegen zuhören und eine faire Verteilung anstreben. Sich in Vorwürfen zu verlieren, wird nicht helfen.
Man kann, um einen Überblick der anfallenden Aufgaben zu bekommen, alle Pflichten gemeinsam aufschreiben, gern auch mit allen dazugehörigen Schritten. So gehört zum Kochen z.B. auch das Sichten der Vorräte und evtl. verwertbarer Reste, das Einkaufen, die Zubereitung, das parallele Einräumen benutzter Utensilien in die Spülmaschine etc. Erst wenn eine Aufgabe komplett abgegeben werden kann, nimmt der sogenannte „Mental Load“ ab.
Zweisamkeit
Der Alltag mit einem Baby kann sehr fordernd sein und oft bleibt für Zweisamkeit kein Raum. Doch bewusste gemeinsame Momente helfen, die Verbindung als Paar zu pflegen. Schon kleine Rituale wie eine gemeinsame Tasse Kaffee am Morgen, ein gemeinsamer Spaziergang oder ein wöchentlicher "Date-Abend" können viel bewirken. Falls es ermöglicht werden kann, hilft natürlich die Unterstützung durch Großeltern, Freunde oder Babysitter, regelmäßig Zeit füreinander zu finden.
Die genommene Zeit sollte dann bewusst als Paar-Zeit genutzt werden. Die Diskussionen über Wäsche, Kita-Anmeldung und Abwasch müssen warten. Auch Fernseher oder Smartphone sollten ausgeschaltet bleiben; der Fokus liegt in der gemeinsamen Zeit ganz beim Partner.
Selbstfürsorge
Ein Neugeborenes braucht rund um die Uhr Aufmerksamkeit. Sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu vergessen, passiert leicht. Doch es ist wichtig, dass beide Partner darauf achten, auch Zeit für sich selbst zu finden, um Kraft zu tanken. Ob ein Hobby, ein Spaziergang allein oder das Treffen mit Freunden – solche kleinen Auszeiten unterstützen die individuelle Zufriedenheit und tragen dazu bei, gestärkt in den Alltag zurückzukehren. Wenn beide Partner sich selbst nicht vernachlässigen, können sie auch besser füreinander da sein und den gemeinsamen Herausforderungen mit mehr Energie begegnen. Sprechen Sie mit Ihrem Partner und legen Sie feste Zeiten fest, in denen Raum für Selbstfürsorge ist.
Geduld und Verständnis
Die Umstellung vom Paar zur Familie braucht Zeit und jeder Partner geht mit den Veränderungen anders um. Es kann in dieser Zeit des Neu-Findens helfen, das eigene und das Verhalten des Partners wohlwollend zu betrachten und Verständnis zu zeigen. Kleine Aufmerksamkeiten, wie das Mitbringen des Lieblingssnacks, das unaufgeforderte Zubereiten eines Tees, oder „nur“ ein wertschätzendes „Danke“ im chaotischen Alltag kann Verbindung zum Partner schaffen.
Intimität neu definieren
Die körperliche Nähe ist für viele Paare eine wichtige Form der Verbundenheit. Doch auch diese Facette der Paarbeziehung kann nach der Geburt eines Kindes eine echte Herausforderung sein. Um Druck rauszunehmen (und Entspannung ist unerlässlich, um Lust zu bekommen), kann es helfen, Intimität nicht nur als sexuelle Nähe zu verstehen, sondern auch in kleinen Gesten und Berührungen zu leben. Eine Umarmung, eine kurze Zuwendung oder ein liebevoller Blick können bereits viel dazu beitragen, das Gefühl der Nähe aufrechtzuerhalten.
Hilfe holen
Wenn der Druck auf das Paar zu groß wird, kann professionelle Hilfe neue Impulse geben und das Lösen von Konflikten begleiten. Über verschiedene Träger und Anbieter kann man eine Paarberatung in Anspruch nehmen.
Eltern zu werden und gleichzeitig als Paar verbunden zu bleiben, ist eine Herausforderung, die von beiden Partnern Achtsamkeit und Verständnis erfordert. Offenheit, regelmäßige Zweisamkeit, Selbstfürsorge und Geduld helfen dabei, diesen neuen Lebensabschnitt positiv zu gestalten und eine liebevolle Basis für die Familie zu schaffen.
Eltern sein: sind die Rollen Eltern und Partner vereinbar?
Auch wenn die Kinder schon größer sind, ist es schwierig die beiden Rollen „Eltern sein“ und „Paar sein“ gleichermaßen zu erfüllen. Viele Eltern sind in ihrer Rolle als Mutter oder Vater so gefordert, dass ihre Rolle des Partners vernachlässigt wird. Stressbewältigung in der Familie und Konflikte im Familienalltag fordern Eltern so stark, dass es schwerfällt, Zeit für die Pflege ihrer Beziehung zu finden. Doch durch ausgewogene Zweisamkeit wird nicht nur eine gute familiäre Atmosphäre gefördert, sondern auch Weichen für eine gesunde und stabile Beziehung bei den Kindern gestellt.
Häufig stellen sich Probleme wie fehlende Kommunikation, emotionale Distanz, Mangel an Zärtlichkeit oder Eifersucht und Konkurrenz ein. Ein stetiger Austausch der Eltern über Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche ist bedeutend, um die Beziehung langfristig zu stärken und die Rollen von Eltern und Partnerschaft zu verbinden. Gemeinsame Auszeiten ohne Kinder helfen Nähe und Gemeinsamkeit zu schaffen und die Partnerschaft zu pflegen. Verständnis füreinander und gegenseitiges Vertrauen sind ebenso wichtig wie gegenseitige Unterstützung.
Eine Balance und damit eine Vereinbarkeit von Partnerschaft und Elternschaft ist möglich, sofern die Einstellung und der gegenseitige Umgang der Partner von Klarheit, Offenheit, Respekt und Verständnis füreinander geprägt sind. Ein effektives Zeitmanagement und eine Priorisierung helfen die Balance zu halten. Die Priorisierung der Partnerschaft bedeutet nicht, dass die Elternschaft vernachlässigt wird, sondern ein bewusster Fokus auf die Beziehung gelegt wird, indem man regelmäßig sich füreinander Zeit nimmt.